Wie Gott in Frankreich

Mathieu

Abends gehe ich ganz gerne nochmal vor zum Strand. Ich setze mich dann auf eine der Bänke an der Promenade oder auf die Steine am Stand und genieße für ein paar Minuten den ausklingenden Tag. Meist habe ich ein Buch dabei oder häufiger meine Gitarre. Dann versuche ich mich an ein paar Akkorden und warte ab, ob die Leute drumherum eher die Flucht ergreifen, oder mehr werden. Heute war die Küste viel zu belebt, um Gitarre zu spielen. Aufgrund der Feiertage und des heutigen Feuerwerkes herrscht ein Rummel auf den Straßen, als wäre es der 23te Dezember in einer Fußgängerzone.

Doch auch mit Croissant statt Gitarre bekam ich schnell Gesellschaft auf meiner Bank. Reichlich angetrunken stellte sich Mathieu aus Lille vor. Er feiere heute seinen Geburtstag und hoffe nur dass es nicht regnet. Da er trotz Alkoholpegel nicht unangenehm wurde und ich mein erstes längeres Gespräch in der französischen Sprache witterte, wimmelte ich ihn auch nicht gleich ab, sondern tat mein Bestes, am Gespräch teilzunehmen. Es gibt hier recht viele Schwule in der Stadt, und so erzählte er mir auch offen und freudig von seinem Date, das er heute früh im Zug kennengelernt habe und am Abend noch treffen würde. Jedenfalls wollte er mit ihm heute Abend das große Feuerwerk anschauen - und da darf es natürlich nicht regnen.

Trotz Sprachbarrieren erfuhr ich seinen halben Lebenslauf, lehnte zweimal ab, sein Saxophon auf der Gitarre zu begleiten und versicherte ihm dreimal, dass er sich nicht entschuldigen brauche betrunken zu sein, bevor ich mich verabschiedete und ihm viel Glück und ein regenfreies Feuerwerk an seinem Geburtstag wünschte. Nicht dass ich mich gut unterhalten hätte, doch immerhin war es eines der ersten Male dass ich mich über mehr als nur den Baguettepreis auf Französisch verständigt habe. Und heute Abend, beim Feuerwerk, blieb tatsächlich auch das Wetter trocken.

posted by Silvan @ Dienstag, August 15, 2006